7:1 Reykjavik

von ChessBase
22.10.2007 – Auch das Schach begeisterte Island leistet sich natürlich einen Ligabetrieb, der durch eine Anzahl von internationalen Profis sogar Globalisierungstouch erhält. Allerdings liegt die Insel nicht ganz auf den typischen Routen der günstigsten Billigfluglinien und angesichts des hohen Preisniveaus läuft das Antrittshonorar vielleicht Gefahr, schon beim Bustransfer vom Flughafen, spätestens an der ersten Fischbude wieder verprasst zu sein. So finden nur wenige Großmeister den Weg ins Land. Diejenigen, die ihn dennoch antreten, werden durch grandiose Anblicke und gastfreundliche Menschen entschädigt. Wer seine Augen offen hält, kann hier zudem recht bekannte Schachspieler entdecken, z.B. in der Buchhandlum um die Ecke. Chef im Ring der ersten Liga ist Taflfelag Reykjavikur, das seine Kämpfe gerne hoch mit 7:1 gewinnt. Dejan Bojkov berichtet. Turnierseite...Mehr...

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Die isländische Mannschaftsmeisterschaft
Von Dejan Bojkov
 


Island


Der Hafen von Reykjavik, von der Seeseite


und von der Landseite gesehen

“Für die Jahreszeit ist es extrem heiß”, erklärte der freundliche Mann, der mich vom Flughafen abholte. “Tatsächlich?!” meinte ich mit einem Blick aufs Thermometer, das 11° C anzeigte. “Ja, solche Temperaturen sind typisch für den Sommer. Normalerweise ist es um diese Zeit sehr viel kälter. Aber wir hatten auch einen merkwürdigen Sommer - achtzig Tage Sonne. Unglaublich.”

So begann mein Aufenthalt in Island. Ziemlich überraschend war ich von Hedinn Steingrimmsson, gegen den ich in Luxemburg gespielt hatte, eingeladen worden, in Island für die Mannschaft von Fjolnis zu spielen. Als ich ihn kennen lernte, war Hedinn noch IM, aber zwei Monate später wartet er bereits auf seinen GM-Titel und wird bei der Europäischen Mannschaftsmeisterschaft in Kreta für seine Mannschaft an Brett zwei spielen.


Denkmal für die isländischen Seeleute am Hafen


Steinkunst


Der Stadtpark


Schwermut in Island, in Bronze gehauen


Ingolfur Aranrsonn

So kam es, dass ich mich auf den Weg in dieses entlegene Land machte. Zufällig enthielt die Tageszeitung, die ich aus Bulgarien mitnahm, ein Interview mit Veselin Topalov, in dem er erklärte, dass Island das interessanteste Land war, in dem er je war. “Ich fühlte mich, als wäre ich auf dem Mond”, waren seine genauen Worte.

Ich wusste nur wenig über Island: Wir würden an acht Brettern spielen, vier Runden von Freitag bis Sonntag und unser Team war stark. Ich wusste auch, dass Island das Land mit den meisten Großmeistern pro Kopf der Bevölkerung ist. Aber ich wusste nicht, dass in Island nur 300.000 Einwohner auf einem Gebiet von 103 000 km² leben, nicht sehr viel weniger als die Fläche Bulgariens.

Im Laufe meiner Reise erfuhr ich von meinen neuen Freunden noch weitere interessante Dinge über Island:

Bis in die 1940er befand sich Island unter der Herrschaft der dänischen Krone und noch immer wird Dänisch an Schulen unterrichtet. Heutzutage sorgt Aluminium für das Haupteinkommen in Island. Vor einigen Jahren war dies noch der Fischfang, aber die eingeschränkten Fangquoten haben das geändert. Die Lutheraner bilden die größte religiöse Gruppe, aber es gibt auch Katholiken und Protestanten. Das Landesinnere Islands besteht aus Bergen und deshalb leben die Menschen an der Küste. Die Hälfte der Landesbevölkerung konzentriert sich in der Hauptstadt Reykjavik. Historischen Quellen zufolge begann die Besiedlung Islands mit der Landung des Norwegers Ingulf Arnason 874. Der Golfstrom hält Island eisfrei.

 


Das Gebäude des Alþingi, des ältesten durchgängig existierenden Parlaments der Welt


Lake Icenad


Hallgrimskirkja - die größte Kirche Islands mit einer Turmhöhe von 73 Meter,
benannt nachdem Dichter Hallgrimur Petursson (1614-1674, "Passionshymnen").

Adam’s Guesthouse, wo ich übernachtete, lag nur 50 Meter von der größten Kirche Islands entfernt. Sie zu bauen hat fast 40 Jahre gedauert.

Die Meisterschaft selbst fand in einer Schule in einem Vorort Reykjaviks statt. Die 1. Liga besteht aus acht Mannschaften, die jeder gegen jeden spielen.


Helgi Arnarsson ist Direktor an einer Schule und gleichzeitig Mannschaftsführer eines Teams


Bojkov, Hedinn Steingrimmson und Thomas Likavsky

Dieses Wochenende wurden vier Partien gespielt, die restlichen drei Runden folgen dann Ende Februar. Am Ende gewinnt die Mannschaft mit den meisten Brettpunkten und deshalb wollen alle immer so hoch wie möglich gewinnen. Insgesamt gibt es etwa 30 Mannschaften und in den unteren Ligen bestehen die Mannschaften aus sechs Spielern.


Lilia Gretarsson vom isländischen Verband


Eröffnung


Übersicht über die Mannschaften


Die Pokale

Klarer Favorit in der 1. Liga ist die Mannschaft von Taflfelag Reykjavikur, die mit den GMs Stefansson, Nataf (FRA), Galego (POR) und Olafsson an den ersten vier Brettern antreten, wobei solide isländische Spieler der Mannschaft ein festes Fundament verleihen. Bislang hat das Team alle seine Kämpfe gewonnen, zwei davon eindrucksvoll mit 7-1 und 7.5-0.5.


Stefansson (re,)


Igor Nataf (re.)


Schachlegende Friðrik Ólafsson  (li.)

In jeder Mannschaft dürfen vier Ausländer spielen. Doch die isländischen Spieler haben auf mich einen guten Eindruck gemacht und ich glaube, in Anbetracht ihrer Spielstärke sind sie unterbewertet. Vielleicht liegt dies daran, dass es in Island nicht so viele Turniere gibt und das Land ein wenig isoliert liegt.


Regina Pokorna (li.)

 


Dejan Bojkov


Thomas Likavski und Dejan Vojkov


Stefansson gegen Oral


Schach macht Spaß!


Eine Sache hat mich wirklich überrascht: Ich hatte immer geglaubt, dass der Schachenthusiasmus in Island durch das Match Spasski-Fischer 1972 ausgelöst wurde. Aber tatsächlich haben die Isländer dieses Match organisiert, weil sie bereits so schachbegeistert waren. Was Fischer betrifft, so erzählten mir die Leute, dass er zurückgezogen in einem Haus mit wunderbarem Blick aufs Meer lebt, überhaupt keine Probleme macht, kein Interesse am Schach in Island zeigt und oft in der Bibliothek zu sehen ist, wo er historische Bücher liest. Ich habe sogar versucht, ihn in seiner Lieblingsbuchhandlung aufzuspüren, aber sie war zu.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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