ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
"The Winner takes it all" in Island
Fischer lebt?
Mein zweiter Ausflug nach Island begann mit einer netten Überraschung am
Frankfurter Flughafen. Meiner Erfahrung nach ist so, dass zwei
Schachspieler, sollten sie einmal zufällig im selben Fahrzeug sein, ebenso
zufällig wie zwangsläufig nebeneinander gesetzt werden. Ich traf also GM
Galego aus Portugal, ebenfalls auf dem Weg nach Island, der allerdings sehr
müde war...
Gallego im Flugzeug
Gallego im Auto, immer noch nicht richtig wach
Am Flughafen holte uns sein Teamchef Ottar Hauksson ab. Ottar ist
Vorsitzender des Reykjavik Chess Club und Vizepräsident des isländischen
Schachverbandes, außerdem Musical Produzent und noch vieles mehr. Sein ganzes
Potenzial ließ sich auf der Schlussfeier erahnen. "Ich kenne die russische
Schachnotation", berichtete er stolz. " ich habe sie von meinem Vater gelernt
als Petrosian zum ersten mal UdSSR-Meister wurde, 1961."
Wir sprachen über Fischers Tod, sein Begräbnis und stellten Vermutungen über
sein Erbe an. "Er hat etwas 1,8 bis 2 Mio. Dollar hinterlassen, meinte Ottar und
fügte an: "Macht euch bereit. Die Schlussfeier ist in unserem Club und ich will
den Pokal in Händen halten."
Doch das war gar nicht so einfach. So hatte sich der Club Hellir mit starken Kräften aus Ägypten verstärkt, Juniorenweltmeister Ahmed Adly mit seinem besten Freund und Sekundanten Bessem Amin.
Adly und Amin (links) bei der Siegerehrung
Außerdem kam der frühere Spitzenspieler Johann Hjartarsson zum Einsatz. Hellir gewann seine Kämpfe in Runde fünf und sechs überzeugend und ging mit nur zwei Punkten Rückstand auf Reykjavik in die letzte Runde.
Für den entscheidenden Wettkampf boten beide Mannschaften ihre besten Spieler auf. Zunächst lief es sehr gut für den Verfolger, als die Ägypter an den Brettern Eins und Drei mit Schwarz ihre Partien gegen Steffansson und Galego gewannen.
Steffansson gegen Adly
Die entscheidende Runde
Nataf (li.), Adly (re.)
Malisauskas (li.) und Danielsen
Ottar Hauksson
Regina Pokorna
Steffansson gegen Kveinys
Thomas Oral (links)
Jugendspieler
Zuschauer
Zudem hatte Hjartarsson einen Bauern mehr gegen Nataf und sein Sieg schien nur eine Frage der Zeit. Die Goldmedaille glitt den Jungs aus Reykjavik aus den Händen, doch dann änderte Kaissa ihre Meinung. Hjartarson vergab den größten Teil seines Vorteil und patzte dann noch in der Zeitnot seines Gegners einen ganzen Turm ein.
Hjartarson,J - Nataf,I
1.Td8+? (Richtig war 1.De8+ Lg8 2.Dxe5 ±). Stattdessen begeht Weiß
Harakiri: 1...Lg8 2.Dxe5?? Qh4+ 0–1
Am Ende verlor Hellir sogar noch den Wettkampf mit 3,5:4,5. Meine Mannschaft Fjolnis teilte sich die Plätze drei und vier mit dem Team von Haukar. Die bessere Sonderwertung brachte Haukar die Bronzemedaille.
Die Schlussfeier wurde vom Reykjavik Chess Club ausgerichtet, wo nun ein Open stattfindet. Die charmante Präsidentin des isländischen Schachverbandes, Lila Grettarsdottir, belohnte die Sieger mit Pokalen, Medaillen und einem Kuss, während der Rest der Spieler sich an Essen und einem Krug Bier erfreute.
Lila Grettarsdottir
Bronze für Malisauskas und Kveynis
Küsschen für Galego
Küsschen für Nataf
Der Vizemeister
Der Meister
Der Aufsteiger aus der Zweiten Liga mit Normund Miezis (3.v.l.)
Ehrung für die unteren Divisionen
Zu Ehren der Sieger wurde das Abba-Stücvk "The winner takes it all" gespielt. Die Stimmung wurde immer besser dank der musikalischen Einlagen von Ottars Chess Band, die bis in die Nacht hinein Rock'n Roll_Stücke spielte.
"Route 66...2
"Daran erkennt man eine wahre Schachnation", meinte mein Mannschaftskollege
Tomas Likavski, der aus der Slowakei kommt. Wir setzten den Abend in einer
der Bars fort.
Unsere positiven Eindrücke wurden am Sonntag vertieft, als Omar Salama, ein Trainer aus Ägypten, der seit zwei Jahren in Island lebt und für den Verband arbeitet, mit uns zu einem Geysir fahren wollte.
Der Autor mit Bessem Amin
Dummerweise war das Wetter so schlecht, dass wir diesen nicht erreichten. Stattdessen besuchten wir "Perlan", das isländische Wasserreservoire.
"Perlan" Wasserreservoire
Dort gab es einen großen Buchladen,
Buchladen
... einen künstlichen Geysir ...
Künstlicher Geysir
... und das teuerste Restaurant Islands, aus dem man einen Superausblick hat und das sich im Kreis dreht, so dass man diese in einem 360°-Panorama genießen kann. Außerdem ist an dieser Stelle das Kunstwertk "Die vier Verzweifelten" zu besichtigen.
Vier Verzweifelte
Fünf Verzweifelte
Verzweifelte mit Thomas Likawski
Omar Salama (li.)
"Rate mal, was diese zum Ausdruck bringen wollen", fragte Omar. "Ich glaube, sie wollen zeigen, wie es wäre, wenn es zuwenig Wasser gäbe, beantwortete er seine Frage selber. Ein See in der Nähe war bis auf eine Stelle zugefroren. Dort tummelten sich Schwäne und Enten.
Danach besuchten wir das Reykjaviker Schachmuseum, doch dazu mehr erst in meinem nächsten Bericht.
Fjord im Nebel
Blick auf die Stadt
Hafen ohne Schiffe
"Warum ist die Schachbegeisterung in Island so groß?", frage ich Omar.
"1972!", antwortete Omar. "Aber man hat mir erzählt, dass Schach schon
vorher sehr populär war", wandte ich ein. "Mag sein, aber erst mit dem
WM-Kampf gab es eine richtige Explosion. Bis zu dieser Zeit gab es nicht ein
Schachbuch in isländischer Sprache. Es war mitten im kalten Krieg und
Spasski-Fischer machte das Land auf einen Schlag bekannt. Das vergessen die
Isländer nicht. Damals war Island ein armes Land, nicht so reich wie heute.
Zum Schachspielen brauchte man nur ein Brett und vielleicht ein paar Bücher.
Heute gibt es 320.000 Bücher in isländisch.
Die Leute sind absolut schachbegeistert. Ich erzähle dir eine Geschichte. Als ich neu in Island war, gewann ich eine Meisterschaft. Später ging ich in eine Bar und schaute ein Fußballspiel. Die Bar war voll und sich saß an einem Tisch mit einem anderen Mann. Nachdem er bemerkte, dass ich fremd war, sagte er zu mir: 'Sie müssen Omar Salama sein.' ' Woher wissen Sie das?', frage ich erstaunt. 'Die Zeitungen haben von ihrem Erfolg berichtet', antwortete er. So ist das in Island. Als Ahmed Adly aber kürzlich der erste afrikanische (Jugend-) Weltmeister wurde, hat niemand in meiner Heimat davon Notiz genommen.