Der Mann mit dem Hammer

von ChessBase
13.05.2008 – "Chuk" ist bulgarisch für Hammer. Manche Schachspieler nennen auch Vassily Ivanchuk so. Beim M-Tel Masters macht der Ukrainer seinem Spitznamen jedenfalls alle Ehre. Fünf Runden gespielt, fünf Spieler kamen unter den Hammer, fünf Punkte für Ivanchuk. Entschieden ist das Turnier allerdings noch nicht. Ivanchuk gilt als unberechenbar und Topalov als Spieler mit starkem Schlussspurt. Heute ist jedoch erst einmal Ruhetag, morgen beginnt dann die zweite Hälfte des doppelrundigen Turniers. Was sich in Sofia alles tut, verrät Dejan Bojkov.Turnierseite...Zum Bericht...

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Der Mann mit dem Hammer
Text und Fotos: Dejan Bojkov

Sonntagabend kam ich sehr spät von einem Turnier zurück, schlief gut und bereitete mich Montag früh auf einen Besuch des neuen Gebäudes vor, in dem das M-Tel Masters 2008 gespielt wird.

Ich war noch nicht dort und neugierig, was dort geschah. Zwei Bulgaren sind dieses Jahr dabei; das ist für uns Bulgaren außergewöhnlich. Dazu noch ein junger Chinese, einer der jüngsten Großmeister aller Zeiten, ein weiteres ehemaliges Wunderkind aus Aserbaidschan sowie die etablierten Spitzenspieler Aronian und Ivanchuk - das Turnier kann gar nicht langweilig sein!

Ich nahm den Bus zum Sportspalast, wo der bulgarische Schachverband seinen Sitz hat, und gehe dann zum Nationaltheater.



Im Park hat sich nichts geändert - unsere "Kibitze" spielen um kleine Beträge und zwar auf den schönen Brettern, die ihnen nach vorherigen M-Tel Turnieren geschenkt wurden.



Ich gehe weiter und hinter der neuen Statue von Stefan Stambolov (ein berühmter Politiker der bulgarischen Geschichte) erkenne ich das Gebäude des Zentralen Militärklubs. Die erste Neuigkeit in diesem Jahr. Und sofort erkenne Robert Fontaine, der auf dem Balkon steht. Der französische GM schreibt bereits seines Tagesbericht für Europe Echecs.


Robert Fontaine bei der Arbeit

Ich trete ein und sehe die zweite Neuerung. Der Käfig, das Aquarium oder wie immer man es nennen will. Dieser Glaskasten wirkt beeindruckend. Diese Neuerung könnte die Einstellung zum Schach ändern. Während die Spieler darin sitzen, kann man umhergehen, mit anderen Leuten plaudern und Kaffee trinken. Die Spieler stört das nicht, da sie durch eine doppelte Glaswand vollkommen geräuschisoliert sind. Es stimmt, das erfahrene Publikum flüstert im Saal weiterhin, da wir noch nicht an die Neuerung gewöhnt sind. Danailovs Idee ist es, den "Käfig" irgendwo draußen aufzustellen, wo jeder diese Spitzenspieler sehen kann.



Ich treffe ihn in der Lobby, energiegeladen und beschäftigt wie immer. Er gibt Interviews, redet in sein Handy, dirigiert das Pressezentrum, verhandelt. Er versucht, den "Schachmarkt" zu erweitern und ihm neue Möglichkeiten zu eröffnen. China ist der ideale Ort dafür. "Der Grand Slam umfasst bereits drei Turniere in Europa und eins in Lateinamerika - Mexiko City. Nächstes Jahr - 2009 - kommt ein Superturnier in Seattle mit einem Preisfond von $750.000 zum Grand Slam hinzu. Ich glaube, es wäre perfekt, wenn das sechste Turnier in Asien, ganz besonders in China, stattfinden könnte", erklärt Danailov auf der Webseite des Turniers. Und es scheint, als ob er diese schwierige Aufgabe meistern könnte.

Danailov fördert auch die jungen Spieler. Am 17. Mai, dem Tag des Sports in Bulgarien, wird ein M-Tel Masters Juniorenturnier zur Nachwuchsförderung von Danailovs Caissa Chess Management organisiert. Junge Spieler (die nach dem 01.01.1994 geboren sind) kämpfen im gleichen Saal, in dem die Spitzenspieler kämpfen und das Finale um den ersten Platz wird im "Käfig" gespielt werden. Der Sieger erhält als ersten Preis ein Notebook, das sich als sehr nützlich erweisen könnte, aber das Beste ist, dass Weltmeisterlegende Boris Spassky die Sieger vorstellen wird! Gestern wurde bei der "Schwarz und Weiß Party" im städtischen Garten der Stuhl, auf dem Veselin Topalov hier sitzt, für 10.000 BGN verkauft (etwa 5.050 Euro). Der Geld kommt dem M-Tel Masters Jugendturnieren zugute.

Draußen vor dem Spielsaal treffe ich auf Plamena Andreeva, eine unserer guten Spielerinnen. Sie arbeitet für das Turnier. Und wenn Sie sich fragen, wer Topalovs Züge in seiner Blindpartie gegen Juett vor Beginn des M-Tel Masters ausführen wird, so ist das Rätsel bereits gelöst: Plamena macht das.



Viele Schachspieler unterstützen die Veranstaltung. GM Evgeny Ermenkov wurde in letzter Minute ersetzt und seine Aufgaben werden jetzt von Radislav Atanasov von der Landessportakademie wahrgenommen.


Radislav Atanasov

Mit dabei ist auch noch eine andere talentierte Spielerin - Stefi Bednikova. Sie unterhalten das Publikum. Ihre Kommentare bieten Show und nicht nur reines, trockenes Schach. Dem Durchschnittspublikum gefällt das sehr gut.


Die beiden Kommentatoren

Die Spieler kommen. Am ungeduldigsten ist Ivan Cheparinov. Er sitzt bereits fünfzehn Minuten vor den anderen im Käfig. Hoch konzentriert, bereit, hochklassiges Schach zu zeigen.


Wartet auf seinen Gegner: Ivan Cheparinov

Heute wird er gegen Radjabov gleich nach der Eröffnung eine Qualität opfern. Eine Idee seines Sekundanten Ervin L'Ami aus Holland. Beide wundern sich über die Entgegnung des Aserbaidschaners - er nimmt die Qualität und akzeptiert eine passive Verteidigungsstellung. Seine Stellung sieht ziemlich verdächtig aus, aber in Zeitnot übersieht Weiß etwas und muss Dauerschach geben. "Sg3 anstelle von g4-g5 hätte gewonnen", behauptet L'Ami, "Ivan hätte einen Bauern für die Qualität gewinnen und ein fast gewonnenes Endspiel erreichen können."


Erwin L'Ami

Das bleibt auch das einzige Remis in der fünften Runde. Veselin Topalov ergreift gleich nach der Eröffnung die Initiative. Mit einem hübschen Manöver aktiviert er seinen Springer, tauscht ihn für einen Läufer auf g6 und holt dann den Punkt mit einem direkten Angriff. "Die Stellung war leicht zu spielen, Schwarz hatte kein Gegenspiel", meinte der Ex-Weltmeister. Tatsächlich hatte er noch fünfzig Minuten auf der Uhr, als sein Gegner aufgab. Wahrscheinlich war Bu in Gedanken irgendwo in China, wo ein Erdbeben viele Opfer gekostet hat. "Sie sind für Ihre Schlussspurts bekannt, was ist das für ein Gefühl, wenn es am Anfang gut läuft?", fragte ein Journalist Topalov. "Nun, plus Drei ist in einem solchen Feld ein ausgezeichnetes Ergebnis und ich bin ein wenig enttäuscht, nicht in Führung zu liegen. Aber es stört mich nicht allzu sehr, wenn ich das Turnier nicht gewinnen sollte, solange ich noch ein paar Partien gewinne, attraktives Schach spiele und meine Zahl verbessere."



In der Zwischenzeit holte der unglaubliche Ivanchuk seinen fünften Sieg in Folge. Sein Gegner entschied sich mit 10.b3 für einen seltenen Zug im Slawen, der den Ukrainer dazu veranlasste, eine geraume Zeit nachzudenken. Später spielte Aronian dann riskant und opferte erst einen Bauern, danach eine Figur. Aber Ivanchuk verteidigte sich geschickt und blieb bei 100 %. "Der Mann mit dem großen ‚Chuk'", wie einer meiner Freunde ihn nennt. "Chuk" bedeutet "Hammer" auf Bulgarisch. Besser kann man Ivanchuks bisheriges Spiel nicht beschreiben.

Ich wollte Ivanchuk, Aronian und Radjabov im Pressezentrum erwischen, aber Krasimir Kushev rief mich zur Live-Fernsehübertragung, weshalb ich die drei verpasst habe. Das bulgarische Staatsfernsehen berichtet täglich. Wir wachsen.


Krasimir Kushev und Ivan Cheparinov

Heute ist der einzige Ruhetag des Turniers. Unsere Spieler treten im Fußball gegen PFC "Levski" an. Topalov will als Verteidiger spielen; er möchte den Jungen das Angreifen überlassen. Wir werden sehen, ob das gut funktioniert. Aber wenn man bedenkt, dass "Levski" dieses Jahr nur mit Mühe Zweiter geworden ist, tippe ich auf ein 4-3 für Chess United!

Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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