Romain Edouard gewinnt in Bad Wörishofen

von ChessBase
17.03.2009 – Das Schachfestival in Bad Wörishofen ist seit vielen Jahren eine der festen Größen im deutschen Schachkalender. In diesem Jahr fand das Open (5.-13. März) bereits zum 25sten Mal in dem berühmten Kneipp-Kurort statt. Die meisten Teilnehmer sind Stammgäste und kommen jedes Jahr wieder gerne hierher, weil die Turnierbedingungen in familiärer Atmosphäre im geräumigen Kursaal und ohne hektische Doppelrunden ausgezeichnet sind. Außerdem ist man hier im Nu in Schöneschach. Einige der großen Namen fehlten diesmal, weil zeitgleich einige andere starke Turnier stattfanden, nicht zuletzt die Europameisterschaft. Elofavorit war so Vladimir Epishin, doch am Ende hatte der junge Franzose Romain Edouard (7,5 P.) die Nase vorn. Sebastian Bogner wurde hinter Epishin Dritter. Bettina Trabert holte 6 Punkte und fand Zeit für einen Bericht.Turnierseite... Bericht, Endstand, Partien...

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Romain Edouard gewinnt das 25. Open in Bad Wörishofen
Von Bettina Trabert

Mit seinem 25-jährigen Jubiläum gehört das ChessOrg Schachfestival in Bad Wörishofen in Deutschland zu den Turnieren mit der längsten Tradition. Jedes Jahr Anfang März pilgern um die 300 Schachspieler in den berühmten Kneippkurort im Allgäu, und die meisten von ihnen kommen immer wieder: Fast 90% der Spieler sind Stammgäste. Das Erfolgsrezept ist einfach: Bewährte Qualität zu guten Preisen, ein professionelles Organisationsteam, eine freundliche und familiäre Atmosphäre, keine Doppelrunden (heutzutage schon eine Ausnahme) und optimale Spielbedingungen im geräumigen Kursaal.

 

 

Hinter die Absperrung darf nicht jeder – hier sind nur die ersten 10 Bretter.

In diesem Jahr war das Feld etwas schwächer als sonst, da einige hochkarätige Turniere wie die Europa-Meisterschaften zur gleichen Zeit stattfanden. An Nummer 1 gesetzt war der unermüdliche Wladimir Epischin, ansonsten fehlten die ganz großen Namen, aber vielleicht sind ja einige darunter, die noch mal große Namen werden?

Romain Edouard scheint jedenfalls das Zeug dazu zu haben: Nach seinem Sieg in Bad Wiessee im November bestätigte er auch hier seine Klasse und gewann das Turnier mit 7,5 aus 9. Der 18-jährige Franzose zeigte einen taktischen und kampffreudigen Stil, und auch wenn einige seiner Stellungen zwischendurch mal etwas wacklig aussahen, war sein Turniersieg sicherlich verdient.

Der zweite Youngster an der Spitze war Sebastian Bogner, der hier bewies, dass sein Erfolg beim Pfalz Open im letzten Monat kein Zufall war. Obwohl er die zweite Runde verlor, kämpfte er sich danach wieder an die Spitze vor und belegte schließlich hinter Wladimir Epischin den 3. Platz.

Romain und Sebastian sind gut befreundet, so dass diese Partie auch nicht lange dauerte.

Siegerehrung mit Organisator Jürgen Wempe und den drei Erstplazierten.

Abgesehen von den „üblichen Verdächtigen“ konnte man zeitweise auch andere Spieler hinter der Absperrung sehen, zum Beispiel Marcel Racherbäumer (rechts), der sich nach seinem Sieg gegen Alexander Karpatschew eine ganze Weile an der Spitze hielt, oder den 16-jährigen Max Berchtenbreiter (links), von dem man sicherlich noch hören wird.

Hauptsache, die Musik stimmt: Ilja Schneider kurz vor Rundenbeginn.

Henrik Teske, einer der meistgereisten deutschen Großmeister.

Auch ein Stammgast in Bad Wörishofen: Oskar Bjarnason aus Island, der zur Zeit in Luxemburg lebt.

Aber auch auf der anderen Seite des Saals wird gutes Schach gespielt. In Bad Wörishofen ist traditionell eine große Zahl blinder und sehbehinderter Spieler am Start. Der mehrfache Deutsche Meister Dieter Bischoff konnte sich diesmal über seinen ersten GM-Skalp freuen, GM Skembris aus Griechenland.

Apropos – es gibt auch Leute, die nur zum Vergnügen Blindschach spielen. Eines Morgens traf ich im Café neben dem Spielsaal auf Jürgen Wempe und Nikos Mantzouneas, einen 83-jährigen Griechen aus Athen, der am Seniorenturnier teilnahm. Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, dass die beiden eine Blindpartie spielten! Tatsächlich haben diese morgendlichen Partien schon eine längere Tradition, wobei der Score in den letzten Jahren ungefähr ausgeglichen ist… Herr Mantzouneas erzählte, dass er schon seit über 60 Jahren blind spielt, bei längeren Reisen hat er immer einige aus Zeitungen ausgeschnittene Partienotationen dabei, die er im Kopf nachspielt. Er gab uns (in bestem Deutsch) noch einen Aphorismus mit auf den Weg: „Der Verstand ist wie eine Fahrkarte – wenn man ihn nicht benutzt, ist er wertlos.“

Anschließend wurde die Partie am Brett nachgespielt und analysiert. Jürgen Wempe ist nicht nur Organisator, sondern spielt auch gerne Schach. Dass er vor gut 10 Jahren die Organisation der ChessOrg-Turniere übernahm, war eigentlich ein Zufall. Ein Vereinskollege, der wusste, dass Reinhold Hoffmann einen Nachfolger suchte, fragte ihn mehr im Spaß: „Na, wär’ das nicht was für Dich?“ Doch Jürgen meinte: „Ja, das wär’ was für mich…“ Wenn es sich einrichten lässt, spielt er seine eigenen Turniere auch gerne mit. Mit einer Elozahl von rund 2200 ist er bei den Amateurturnieren auch ganz gut mit dabei – tatsächlich hat er auch schon mal eines seiner eigenen Turniere (in Oberjoch) gewonnen.

Und wer erledigt dann die ganze Arbeit? Natürlich die Ehefrau: Anke Wempe schleppt nach der Siegerehrung noch Bretter und Tüten von der Bühne…

Abseits des Schachbretts bietet Bad Wörishofen alles Annehmlichkeiten eines berühmten Kurorts (z.B. eines der schönsten Thermalbäder Deutschlands). Tatsächlich geht die Schachtradition übrigens noch länger zurück als 25 Jahre: Der erste Weltmeister Wilhelm Steinitz hielt sich hier öfter auf, um sich auf wichtige Wettkämpfe vorzubereiten: Er war ein großer Anhänger der Kneippschen Wasserkuren.

Sebastian Kneipp, der hier im 19. Jahrhundert die nach ihm benannten Wasser-Therapien entwickelte.

Die Hotels und Restaurants sind darauf eingerichtet, dass im März immer die Schachspieler kommen, und es gibt in dieser Zeit kaum ein Lokal, wo nicht mindestens ein Schachbrett auf dem Tisch steht. In unserem Stammhotel Freuschle ist die Hauswirtin Barbara Ostenried bestens darin geübt, die Paarungen auszudrucken: Die im Haus wohnenden Teilnehmer werden farbig markiert und natürlich freut man sich, wenn die „eigenen“ Spieler vorne in den Listen stehen…

Wer Ruhe und ein schönes Turnierambiente schätzt, ist in Bad Wörishofen richtig.

Sogar ein Wegweiser in der Ortsmitte weist nach Schöneschach… (was allerdings nicht der Richtung des Spielsaals entspricht!).

Ich habe mal versucht, per Anhalter nach Schöneschach zu kommen…

Wer „Action“ sucht, ist in Bad Wörishofen wahrscheinlich falsch am Platz. Das Aufregendste im Laufe der 10 Tage war ein Stromausfall während der fünften Runde und ein heftiger Wintereinbruch während des Turniers.

Die eingefrorene Fontäne im Kurpark.

Dafür kann man sich nicht beklagen, dass die Schachspieler nicht wahrgenommen werden. Als Spyridon Skembris am letzten Abend mit einem Brett unter dem Arm durch die Fußgängerzone ging, rief ihm eine Passantin zu: „Wo wollen Sie denn jetzt noch hin mit dem Schachbrett, mein Herr? Das Turnier ist vorbei!“

Tatsächlich: Die Figuren sind schon eingepackt.

Aber auch wenn alle Partien beendet sind, hat „Studienmeister“ Dieter Villing mit Sicherheit noch eine knifflige Studie auf Lager, die so manchen GM zur Verzweiflung treiben kann…

Zum Beispiel diese: Weiß am Zug gewinnt! (Weiß: Kd3, Df6, Sd5, Ba2, b2, c3, e2, e6; Schwarz: Ka5, Dh3, Sg2, Ba4, b6, c5, g3, h2.) Noch ein Tip: Im vorigen Bild ist schon einen Teil der Lösung auf dem Brett. Viel Spaß!


Endstand:

Platz Name   Herkunft Pkt. Buch. Feinw.
1. Edouard Romain  IM Frankreich 7.5 55.00   43.00
2. Epishin Vladimir  GM Luebeck 7.0 54.00   42.00
3. Bogner Sebastian  IM Sk Neuhausen 7.0 52.00   39.50
4. Gutman Lev  GM SC Melle 03 7.0 51.50   40.00
5. Karpatchev Alexandr  GM Bad Mergentheim 7.0 51.50   40.00
6. Mainka Romuald  GM SC 1950 Remagen 6.5 55.00   43.00
7. Teske Henrik  GM TV Tegernsee 6.5 54.50   44.50
8. Iotov Valentin  GM Bulgarien 6.5 52.50   42.00
9. Schneider Ilja   Berlin 6.5 50.00   39.50
10. Farago Ivan  GM Budapest 6.5 50.00   39.00
11. Pirrot Dieter  IM SV Hofheim 6.5 49.50   39.00
12. Hess Christian Mathi  FM Hamburg 6.5 48.50   38.00
13. Schulze Ulrich  IM SK Neuhausen 6.0 51.00   39.50
14. Dittmar Peter  FM SC Oberwinden 1957 6.0 49.00   38.50
15. Rahls Peter  FM SK Zehlendorf e.V. 6.0 49.00   38.00
16. Skembris Spyridon  GM SK Freiburg 6.0 48.50   37.50
17. Racherbaeumer Marcel   Sribja Bielefeld 6.0 48.50   37.50
18. Baeuml Ulrich   DBSB 6.0 47.00   36.50
19. Stabolewski Andreas   Hannover 6.0 46.00   35.50
20. De Francesco Klaus  FM Woerthsee 6.0 46.00   35.00
21. Babar Michael  FM SC Hansa Dortmund 6.0 44.50   35.00
22. Hug Marcel   Zuerich 6.0 44.00   34.00
23. Trabert Bettina FGM SK Freiburg 6.0 41.50   32.00
24. Santl Anton   SU Muenchen 6.0 41.00   32.00

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151 Spieler

 

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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