Bobby Cheng mit dem besten Start beim Bremer Jubiläumsturnier

von Pressemitteilung
04.03.2024 – Die Schachabteilung des Sv Werder Bremen feiert mit einem Jubiläumsturnier ihren 75. Geburtstag. Am Sonntga fiel der Startschuss. Nun sind zwei Runden gespielt und Bobby Cheng liegt als einziger Spieler mit zwei Siegen vorne. In der Partie gegen Collin Colbow benötigte der Australier allerdings Caissas Mithilfe. | Fotos: Werder Bremen

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Presseinfo von Werder Bremen

Das Großmeister-Turnier zum 125-jährigen Jubiläum von Werder hat begonnen!

von Thomas Büttner

Nach einigen Widrigkeiten, die in allerletzter Sekunde vor dem Startschuss zu überwinden waren, wurde heute erfolgreich die erste Runde absolviert – und das gleich mit einigen Aufregern.

Der Warnstreik im Bremer ÖPNV kegelte alle Pläne, wie unsere ausserbremischen und überseeischen Gäste in ihr Quartier kommen sollte, durcheinander. Doch es konnten kurzfristig Shuttledienste eingerichtet werden, so dass alle erfolgreich im Hotel Heldt einziehen konnten. Und so konnte am Samstag fast pünktlich das Turnier eröffnet werden. Dazu hatten sich einige Gäste eingefunden. Darunter am prominentesten sicherlich unser Nationalspieler Dimitri Kollars, der Olaf Steffens versprochen hatte, im Twitch-Stream der Werder-Tigers zu kommentieren.

Der Vorsitzende der Schachabteilung, Oliver Höpfner, begrüßte alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, unser Vereinspräsident Hubertus Hess-Grundwald hielt ein kurzes Grußwort, und Hauptschiedsrichter Dirk Rütemann erklärte alles Wichtige rund um Elektronik und Remis-Angebote (nicht vor dem 20. Zug). Und dann konnte es auch schon losgehen: Unser Vereinspräsident machte den ersten Zug am Brett von Aditya Mittal.

Es dauerte nicht lange, da kamen die ersten Komplikationen auf die Bretter. Elo-Favorit Aditya Mittal gab gegen Pauline Guichards Berliner Verteidigung zwei Figuren für Turm und zwei Bauern – ein selten gespieltes Opfer, das wohl vor allem Ungleichgewichte in die Stellung bringen sollte. Und an Brett 3 ließen Bobby Cheng und Collin Colbow erst alle Bauern im Zentrum hängen, und dann ihre Könige in luftigen Positionen.

An anderen Brettern lief es ruhiger an. Bald machte Martin Breutigam (Bild) seinem Kontrahenten Zahar Efimenko ein (Remis-)Angebot, dass dieser nicht ablehnen konnte, und das erste Ergebnis des Turniers konnte eingetragen werden.

1.e4! - Ein modernes Repertoire Band 1&2

In diesem zweibändigen Videokurs präsentiert der Internationale Meister Martin Breutigam ein komplettes, fein aufeinander abgestimmtes Repertoire für Weiß auf Basis des Zuges 1.e4.

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Ähnlich machte es Mitra Hejazipur gegen Pawel Teclaf, die mit leichtem Vorteil Remis bot. Auch Viktoria Radeva erlangte mit Schwarz leichten Vorteil, doch Rainer Knaak konnte eine Remis-Schaukel aufbauen.
Spannend war auch die Partie vom Deutschen U12-Meister Christian Glöckler gegen den gestandenen Großmeister Roeland Pruijssers. Christian spielte beeindruckend präzise und erreichte leichten Vorteil. Doch  Roeland konnte seine Gewinnversuche sicher abwehren.
Vater und Sohn Michael und Daniel Kopylov kamen beide in ihren Partien gegen Vojtech Plat und Alexander Krastev früh in Probleme und standen kurz vor dem Abgrund. Doch beide konnten ihre Partien schnell wieder ausgleichen, unter anderem, nachdem Alexander ausgesprochen weitblickend taktische Probleme in einer vielversprechenden Abwicklung erkannte.

Die erste Entscheidung – und gleichzeitig die größte Überraschung des ersten Spieltages – brachte die Partie von Jakob Leon Pajeken gegen Sascha Wiegmann (Bild). In der Najdorf-Variante blieben beide Könige zunächst im Zentrum – bis Schwarz beide weißen Rochaden unmöglich gemacht hatte, mit Bauernopfern das Zentrum aufriss, wegrochierte und einen tödlichen Angriff aufbaute.

Wenig später kamen die nächsten beiden Entscheidungen: Pauline Guichard fand in großer Zeitnot keine Mittel gegen Aditya Mittals Angriff und musste die Waffen strecken. Und auch Collin Colbow unterlief gegen Bobby Cheng in furchtbar komplizierter Stellung in rasender Zeitnot der letzte Fehler. Nachdem der Australier sich gierig den Bauern e4 einverleibt hatte, fand Collin nicht das fantastische Turmopfer Tf4!, das – bei Ablehnung gefolgt vom Springeropfer auf f3 – den schnellen Zusammenbruch der weißen Stellung zur Folge gehabt hätte. Aber wer hätte das schon im 30-Sekunden-Rhythmus am Brett gefunden? Stattdessen konnte Bobby sich erst den Bauern einverleiben, und dann in die schwarze Königsstellung eindringen.

Danach dauerte es, bis die letzten Partien entschieden waren. Adrian Söderström unternahm gegen Gerlef Meins alles, um seinen Mehrbauern im Endspiel mit ungleichen Läufern zu verwerten, musste aber schließlich ins Remis einwilligen.

Nikolas Wachinger musste gegen Jana Schneider lange kneten, doch die zwei verbundenen Freibauern im Turmendspiel reichten letztendlich zum Sieg.

Als letzte Partie lief das Turmendspiel von Jari Reuker gegen Szymon Gumularz. Der polnische Großmeister hatte einen Bauern mehr, und schien mehrfach kurz vor dem Sieg zu stehen. Doch als er einmal Jari die Möglichkeit gab, ins Remis zu entkommen, packte dieser die Gelegenheit beim Schopfe, und nach fünfeinhalb Stunden war auch die letzte Partie der ersten Runde beendet.

Australien alleine in Führung

von Stephan Buchal

Am 2. Tag des Jubiläumsturniers waren die Helden in großer Kampfeslaune: Die Hälfte der Partien ging über 5-6 Stunden, der 12-jährige Christian Glöckler versuchte sechseinhalb Stunden lang und über 115 Züge den erfahrenen IM Gerlef Meins niederzuringen, musste sich aber mit einem Remis zufrieden geben. Der einzige Spieler mit zwei gewonnenen Partien ist der australische Großmeister Bobby Cheng.

Der Kaffee ist gekocht, zwei Bleche Kuchen sind angekommen, die Brötchen sind geschmiert - nicht nur klassisch und vegan, sondern für die Süßmäuler sogar mit Himbeermarmelade und Nutella! Aber auch der Obstkorb ist gut gefüllt ... Punkt 15 Uhr ist das Buffet eröffnet und es kann losgehen mit der zweiten Runde. Nach dem eher verhaltenen Auftakt sind die 24 Titelträger aus aller Damen und Herren Länder offensichtlich hungrig auf volle Punkte, es wird gekämpft!

Die erste Überraschung des Tages serviert Sascha Wiegmann an Brett 2 dem australischen Großmeister Bobby Cheng: Nach den normalen Zügen 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.g3 Sf6 lässt er mit 4.Lg2??! seelenruhig den angegriffenen Bauern e4 ungedeckt. Der verblüffte Großmeister schaut sich die Sache 8 Minuten lang an und nimmt ihn dann weg! Sascha bekommt für das Bauernopfer einen schönen Entwicklungsvorsprung, aber es gelingt ihm nicht, den GM entscheidend unter Druck zu setzen ...

In der Zwischenzeit hatte sich auch ein Team vom Weser-Kurier in unseren Clubräumen eingefunden, sich ausführlich mit dem Organisations- und Trainerteam der Schachabteilung unterhalten und Fotos von dem interessanten und sehr fotogenen Teilnehmerfeld geschossen. Was allerdings nicht geklappt hat, waren kurze Interviews mit einigen Spielerinnen und Spielern. Denn auch nach 3 Stunden Spielzeit war noch keine Partie beendet. Erst kurz vor der Zeitkontrolle erwischte es zunächst Martin Breutigam gegen den jungen polnischen GM Szymon Gumularz (siehe Diagramm). Nach dem eleganten 39.Ld2-f4 musste sich Martin geschlagen geben, denn es droht Lf4xc7 und nach dem naheliegenden ...Dd7xc6 folgt Le5+ und eventuell Dd3+ mit baldigem Matt.

Gumularz gehört genau wie Bobby Cheng zum engeren Favoritenkreis und hat bisher einen sehr starken Eindruck gemacht. Kurz darauf hatte sich auch Bobby Cheng gegen den mutigen Sascha Wiegmann durchgesetzt - der Uelzener hatte nie genug Kompensation für den geopferten Bauern erhalten und wurde langsam aber sich vom Großmeister überspielt.

Noch vor der Zeitkontrolle trennten sich Collin Colbow und Jakob Pajeken remis. Erst hatte Collin eine scharfe Vorbereitung aufs Brett gebracht und eine durchaus vielversprechende Angriffsstellung, dann konnte Jakob den Druck neutralisieren und sich seinerseits Chancen im Endspiel ausrechnen. Schließlich ergab sich eine Zugwiederholung zum insgesamt leistungsgerechten Remis.

Zwei weitere Partien wurden knapp vor der Zeitkontrolle entschieden. Michael Kopylov hatte gegen Pawel Teclaf eine angenehm vorteilhafte Stellung erreicht, dabei aber viel Zeit verbraucht und wurde beim gut getimten Remisangebot seines 200 Elo-Punkte besseren Gegners schwach - lieber den Spatz in der Hand ...

Ein spannendes Generationenduell entwickelte sich zwischen der 31-jährigen iranisch-französischen Großmeisterin Mitra Hejazipour und dem 70-jährigen GM RainerKnaak, Mitglied der Werder-Meistermannschaft aus dem Jahr 2005 und amtierender Senioren-Mannschaftsweltmeister.

Mit den schwarzen Steinen hielt Rainer die Stellung lange Zeit im Gleichgewicht ("aber ich habe keinen vernünftigen Plan gefunden"), wurde aber in der Zeitnotphase von der amtierenden französischen Meisterin überspielt.

Eröffnungsfallen - Die Superklassiker

Es gibt zahlreiche Fallen in den Eröffnungen, in die man ohne Kenntnis leicht reintappen kann. Umgekehrt kann man sich aber auch als Fallensteller betätigen und so schnell zum Erfolg kommen.

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Auch die Partie zwischen Viktoria Radeva und Vojtech Plat verlief lange Zeit völlig ausgeglichen, aber es gelang dem tschechischen Großmeister durch flottes Spiel seine bulgarische Gegnerin in der Zeitnotphase unter Druck zu setzen und ein minimal besseres Endspiel zu erreichen. Kurz nach der Zeitkontrolle unterlief der bulgarischen Großmeisterin ein einziger folgenschwerer Fehler und Plat brachte das komplizierte Läuferendspiel sicher nach Hause.

Im Duell der deutschen und französischen Nationalspielerinnen Jana Schneider und Pauline Guichard konnte die deutsche nach ihrer Auftakniederlage gegen Nikolas Wachinger einen wichtigen Punkt einfahren. Mit den schwarzen Steinen bekam sie im Mittelspiel die bessere Struktur und konnte im Endspiel ihre Bauernmehrheit am Damenflügel sicher verwandeln.

Französisch besiegen mit der Vorstoßvariante

Die Videos behandeln die spannende Französisch Vorstoßvariante, beginnend mit 1.e4 e6 2.d4 d5 3.e5. Neben zahlreichen Nebenvarianten liegt der Hauptfokus auf den beiden meistgespielten Systemen mit 3…c5 4.c3 Sc6 5.Sf3 Db6 und 5…Ld7.

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Die Partie zwischen Alexander Krastev und Adrian Söderström war ein weiteres Beispiel dafür wie ausgeglichen das Feld besetzt ist und wie schwer es die vermeintlichen Favoriten gegen nominell etwas schwächere Gegner haben. Als Letzter der Setzliste ist dem jungen Schweden nun schon zum zweiten Mal gelungen, einem IM ein Remis abzutrotzen. Zwar stand Alexander die ganze Partie über besser, aber Söderström verteidigte sich hartnäckig und dem deutschen IM machte die knappe Zeit zu schaffen. Auch nachdem er die erste Zeitkontrolle nach 40 Zügen wohlbehalten und mit klar vorteilhafter Stellung geschafft hatte, waren kurz darauf auch die 30 Extra-Minuten schon wieder verbraucht und er gab eine gute Stellung Remis.

Nach über 5 Stunden hatte sich auch die Lage am Spitzenbrett geklärt. Nikolas Wachinger konnte ein schwieriges, anspruchsvolles Endspiel gegen den an Nr.1 gesetzten jungen indischen Großmeister und Neu-Werderaner Aditya Mittal Remis halten, ein großer Erfolg für den jungen Bremer, der sich in der letzten Zeit auf hohem Niveau stabilisiert hat. In dieser Form ist er sicherlich ein Kandidat für eine GM-Norm - aber das Turnier ist lang und die Konkurrenz groß!

Auch GM Roeland Pruijssers versuchte mehr als 5 Stunden lang ein kompliziertes, etwas besseres Springerendspiel zu gewinnen. Auch hier lohnt sich unbedingt ein Blick in die Partie. Die Engine weist 44.g4xh5 als Gewinnmöglichkeit für Weiß aus und auch die Fortsetzungen nach dem möglichen 56... Sg4+ sind höchst kompliziert und in beiderseitiger Zeitnot gewiss kaum zu durchschauen. Schließlich hält Daniel Kopylov die Stellung zusammen und erreicht gegen den Favoriten mit Schwarz Remis.

Mehr Erfolg - oder auch nur etwas mehr Glück - hatte unser ukrainischer GM Zahar Efimenko. Nachdem Jari Reuker schon gestern in einem langen Turmendspiel ein schwer erkämpftes Remis gegen GM Gumularz erreicht hatte, war er auch gegen Zahar Efimenko dem halben Punkt sehr nahe. Zahar hatte die ganze Partie über das etwas leichtere Spiel, aber die Stellung war durchaus im Gleichgewicht ... bis zur zweiten Zeitnotphase im 61. Zug. Der Bauer f6 geht verloren, aber nach einem Turmzug, etwa 61...Tb1, zeigt die Engine stoisch 0.00 an. Nur 61...f5 durfte nicht passieren. Zahar verschmähte den Bauerngewinn und erhielt nach 62.h5 Tb1 63.h6 Th1 64.h7 eine Gewinnstellung.

Der Held des Tages war aber zweifellos der jüngste Spieler. Weit über 6 Stunden und exakt 115 Züge lang versuchte der 12-jährige Christian Glöckler den erfahrenen IM Gerlef Meins zu bezwingen.

Christian Glöckler 

Nachdem die Eröffnung für Gerlef zunächst gut ausgesehen hatte, konnte Christian im Mittelspiel mit einem taktischen Trick das Blatt wenden und leicht in Vorteil kommen. Das dadurch entstehende Endspiel mit T+L sowie 4 gegen 3 Bauern am Königsflügel hatte durchaus Gewinnpotenzial und Christian knetete es bis Gerlef im 85. Zug die Qualität opfern und alle Bauern beseitigen konnte. Jetzt war es Remis, aber Christian ließ sich noch weitere 30 Züge lang Gerlefs Endspielkenntnisse zeigen, bevor er in die Punkteteilung einwilligte. Was für ein Kraftakt, was für eine Kondition!

Heute geht es mit der Spitzenpaarung zwischen Bobby Cheng und Szymon Gumularz weiter - aber auch die anderen 11 Begegnungen versprechen wieder großes Schach!

Tabelle nach zwei Spieltagen

Partien

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