Schach-Festival Prag: Interview mit Turnierdirektor Petr Boleslav

In zwei Wochen geht das Internationale Schachfestival Prag in sein sechstes Jahr. Wie weit sind Ihre Vorbereitungen gediehen?

Wir befinden uns auf der Zielgeraden. Ich kann sagen, dass fast jeder im Organisationsteam gerade bienenfleißig ist.

Prag wird viele Spieler aus der Weltrangliste der TOP 20 begrüßen. Wen können die Besucher dieses Jahr sehen?

Zuallererst muss ich die drei indischen GMs erwähnen: Praggnanandhaa, Vidit und Gukesh. Alle drei sind heiße Favoriten für das Masters-Turnier und alle drei nehmen am Kandidatenturnier teil, das im April in Toronto stattfindet. Auch die anderen Spieler des diesjährigen Masters haben eine starke Fangemeinde. Der usbekische GM Nodirbek Abdusattorov oder die deutsche Nummer 1 Vincent Keymer sind ebenfalls eine ziemlich große Nummer.

Das Prager Schachfestival veranstaltet die Turniere Masters, Challengers, Futures und Open. Die Fans kennen aber vielleicht nicht alle anderen Arten von Turnieren und Nebenveranstaltungen. Woran können wir teilnehmen und wie können wir uns anmelden?

Das im letzten Jahr erstmals eingeführte tägliche Vormittagsprogramm hat sich bewährt. Seitdem sind auch Turniere wie Schnell- und Blitzturniere, Lösewettbewerbe oder Fischer-Zufallsschachturniere in den Festivalplan aufgenommen worden.

Können Schachfans auch einfach nur kommen und sich die Partien ansehen? Können sie ihre Lieblingsspieler aus aller Welt selbst sehen?

Für mich ist das natürlich ein fester Bestandteil des Festivals. Die Besucher dürfen nicht nur den großen Saal betreten, sondern jeder Fan des Spiels der Könige wird mit Begeisterung begrüßt. Die Atmosphäre ist traditionell großartig, und in diesem Jahr wollen wir sie mit einem Live-Kommentar aus dem Hotel Don Giovanni noch verbessern. Die Besucher können den Kommentar sowohl auf Tschechisch als auch auf Englisch hören.

Petr Boleslav schaut zu, während Pentala Harikrishna, der Gewinner des Internationalen Schachfestivals Prag 2022, ein T-Shirt signiert | Foto: Petr Vrabec

Gehört das Prager Schachfestival zu den wichtigsten Schachveranstaltungen in Tschechien?

Wenn ich so kühn sein darf, würde ich sagen, dass das Schachfestival zu einem bedeutenden Ereignis für das tschechische Schach geworden ist. Was den sportlichen Aspekt betrifft, so sind wir offen für Spieler jeden Niveaus und Alters; sie können sogar ein Turnier mit einem ihrem Können entsprechenden Tempo wählen. Die breite Öffentlichkeit und die Schachfans können sich an den besten Spielern der Weltklasse erfreuen. Sie mit eigenen Augen zu sehen, egal ob während des Spiels oder nicht, ist ein großartiges Erlebnis.

Werden Sie dieses Jahr etwas Neues einführen?

Wir waren damit beschäftigt, verschiedene Neuigkeiten für dieses Jahr vorzubereiten. Wir haben eine Art Zusammenfassung der letzten fünf Festivals zusammengestellt, die im zweiten Stock des Don Giovanni Hotels, im Foyer vor dem Hauptsaal, ausgestellt werden soll. Ich denke, Sie können sich auf etwas freuen. Sie werden Statistiken, in Bildern festgehaltene Schlüsselmomente und eine vollständige Ergebnisliste sehen. 
Erwähnen möchte ich den Grand Prix, der letztes Jahr eingeführt wurde. Jeder einzelne Punkt aus jedem Turnier, an dem ein Spieler teilnimmt, zählt, und der Spieler, der die meisten Punkte sammelt, gewinnt. Letztes Jahr gewann FM Rao Sharan (2248), der 536 Punkte in den Open-, Rapid- und Blitzturnieren sammelte. Ich glaube, dass sich dies zu einem prestigeträchtigen Titel entwickeln könnte. Wie Sie aus der letztjährigen Endrangliste ersehen können, ist die ELO bei weitem nicht der einzige Aspekt, der zählt. Der Preis ist in der Tat sehr themenbezogen; der Gewinner erhält ein Trikot mit den Autogrammen aller Masters- und Challengers-Spieler.

Welche Bedeutung hat dieses Ereignis für Sie als Festivalleiter?

Es hat im Laufe der Jahre einen besonderen Platz in meinem Herzen eingenommen. Ich genieße es. Man könnte sogar sagen, dass ich, sobald ein Festival zu Ende ist, schon an das nächste Jahr denke - was wir verbessern können, was wir einführen, wen wir einladen usw. Man ist auch gespannt darauf, ob alles reibungslos abläuft, dass viele Spieler, Fans und Besucher kommen, dass sie zufrieden sind... Der erste Tag bringt es von Anfang an in Schwung, es fühlt sich an wie ein Dammbruch, und plötzlich leben alle für das Festival. Ich freue mich schon sehr auf den 26. Februar.

Ich habe auch ein Verantwortungsgefühl gegenüber unseren Partnern, die uns seit jeher unterstützen. Dank ihrer Unterstützung können wir alle Ideen, die wir haben, umsetzen und das Festival kontinuierlich verbessern - was die Qualität der Spieler, das sportliche Niveau und, wenn ich so kühn sein darf, auch die kulturelle Bedeutung betrifft.

Das Gleiche gilt für unser Team. Im Laufe der Jahre haben wir ein stabiles Organisationsteam aufgebaut, das für alle eine Position, Raum für Kreativität, Verantwortung und, wie ich glaube, auch Freude an der Arbeit bietet. Wenn ich sie sehe, spüre ich diese Freude und muss ihnen von ganzem Herzen danken.

Haben Sie interessante Geschichten hinter den Kulissen, die Sie gerne teilen möchten? An was aus den vergangenen Jahren erinnern Sie sich gerne?

Im Laufe der Jahre haben wir eine Menge Geschichten gesammelt. Die meisten lustigen Ereignisse waren auf Vergesslichkeit oder eine schlechte Zeitplanung zurückzuführen. Ich erinnere mich, dass wir in einem Jahr einen - inzwischen sehr beliebten - Schauspieler hatten, der die erste Runde mit seinem Zug eröffnete. Etwa 15 Minuten vor Beginn rief er uns an und entschuldigte sich - er war joggen und hatte sich aus seiner Wohnung ausgesperrt. Die Wartezeit für den Schlüsseldienst hatten wir irgendwie nicht eingeplant, und so mussten wir schnell eine Vertretung besorgen.

Ich denke gerne an das Jahr 2020. Es war das erste größere Jahr, und der VIP-Gast des Festivals, Lubomír Kaválek, hat das ganze Festival wirklich aufgewertet und es zu einem einzigartigen Ereignis gemacht. Dank ihm konnten wir noch mehr besondere Gäste gewinnen, wie zum Beispiel den Sohn von Miloš Forman. Er fühlte sich im Hotel Don Giovanni wie zu Hause, da viele Bilder aus dem Amadeus-Film gezeigt wurden, bei dem sein Vater vor vierzig Jahren Regie führte.

GM Lubomir Kavalek auf dem Schachfestival Prag | Foto: Petr Vrabec

Aber ich freue mich auch auf die vielen neuen Geschichten. Ich bin mir sicher, dass es uns mit dem diesjährigen Programm nicht an ihnen mangeln wird.

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